Soziokultur ist Bildung

Soziokultur ist Bildung abstakt&colored

 

Im Wissen, dass Bildung dazu ausgerichtet ist, ein Diener der Wirtschaft zu sein, will ich nicht aufhören, im Sturm der Zeit eine Bildung des Herzens einzufordern. Eine Bildung, die die Augen öffnet und den Wunsch nach Gerechtigkeit nährt, damit wir das Leid der Unterdrückung nicht vollends verdrängen.

Ja, trotz täglichem Hören der allgemeinen Botschaft: ‚Geistes-, Kultur- und Herzensbildung? Was soll der sinnlose Blödsinn?‘, die scheinbar siegreich als mächtiges Zeichen das gesamte Land (und auch das Wasser) aufgekauft, besetzt und zynisch regiert, wird Schweigen niemals einkehren. Denn ‚ein Urteil zu haben ist nicht nur eine Sache des klugen Verstandes und der exakten Schlüsse, es ist eine Sache des gebildeten Herzens‚, wie die deutsche feministische Theologin und Pazifistin Dorothee Sölle und ihr Ehemann, der aufrüttelnde Theologe Fulbert Steffensky schreiben und ‚das gebildete Herz ist nicht neutral, es fährt auf, wenn es die Wahrheit verraten sieht. Der Zorn ist eines der Charismen des Herzens‚.

Das Charisma des Herzens erwecken ist vielleicht der wahre Sinn einer Bildung und Soziokultur, das Finden des persönlichen Talents, ein erster Schritt und Ausgangspunkt. Er liegt außerhalb der wachstumswirtschaftlichen Logik und so wie sich sein Wert täglich erhöht, so wird sein materieller Besitz immer kleiner.

Die nahende Besitzlosigkeit scheint das Ende der Geistes-, Kultur- und Herzensbildung zu besiegeln und manche Ungeistigen höre ich schon hinter (noch) vorgehaltener Hand lachen, weil sie deren Untergang schon berechnet haben.

Bildung wird nicht in stumpfer Fron und Plackerei gewonnen, sondern ist ein Geschenk der Freiheit und des äußeren Müßiggangs‚, so wunderbar poetisch-provokativ beschreibt sie der große Thomas Mann, aber wer ist das schon. Schon beim bloßen Andenken des Wortes Müßiggang allein, der ein bedingungsloses Grundeinkommen voraussetzt, bläst ein dramatischer Sturm der Entrüstung durch unsere Zeit des bedingungslosen, effizienten und niemals endensollenden Wachstums.
Man erringt sie nicht (die Bildung), man atmet sie ein. Verborgene Werkzeuge sind ihretwegen tätig, ein geheimer Fleiß der Sinne und des Geistes, welcher sich mit völliger Tagdieberei gar wohl verträgt‚, so Thomas Mann weiter. Er ist inzwischen beim fast bösesten aller Worte, der ‚Tagdieberei‘ angelangt, bei dessen bloßer Erwähnung ich schon mit dem Schlimmsten, der Aberkennung der Lebensberechtigung hier in einer Welt des ‚Freien Marktes‘ zu rechnen habe.

In diesem Sinne muss ich jetzt also auch schon wieder schließen, will ich mir ja erstens keine willkürlichen Feindschaften auferlegen und zweitens ‚man wohl sagen kann, dass sie (die Bildung) den Erwählten im Schlafe anfliegt‚, wie der ‚Erschaffer der Buddenbrooks‘ treffend formuliert.

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Günther Floner

Mein Name ist Günther Floner. Ich bin Kulturarbeiter, bildender Künstler und Sozialberater. Meine Ziele sind viel freie Zeit zum Nachdenken, frische Luft beim Lernen und nur das zu tun was ich liebe.

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Eine Antwort

  1. 16. Dezember 2020

    […] gewesen sein. Immer wieder gab es Situationen, da dachte ich, ich schaffe das nicht, ich sterbe. Die Last des ausufernden Materialismus ist nicht zu ertragen. Tragen, ertragen, ein tragikomisches Wortspiel hier an dieser Stelle. Die […]